Donnerstag, 31. Januar 2013

Grimm's Märchen im Bild

Zweihundert Jahre nach dem ersten Erscheinen der durch die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm gesammelten „Kinder- und Hausmärchen“ präsentiert die Vereinigung Willingshäuser Malerstübchen e.V. eine Geschichte ihrer Illustration.

Werner Schinko, Rotkäppchen, 1976
Seit Ludwig Emil Grimm, dem zeichnenden Bruder der Märchensammler, hat es in jeder Generation bildliche Näherungen an die vielfältigen Märchenstoffe gegeben, um sie anschaulicher und kindgerechter zu machen, aber auch, um ihnen über die Illustration jene innere Einheit zu geben, die sie von ihrer Herkunft aus diversen Quellen verschiedener Kulturregionen nicht haben. Ihren beispiellose Siegeszug und Welterfolg verdanken die Grimmschen Märchen auch ihrer reichen, vom Trivialen bis zum Hochkünstlerischen reichenden Bebilderung, deren Geschichte die Willingshäuser Ausstellung exemplarisch vorstellt. Gezeigt werden u. a. Arbeiten von Ludwig Emil Grimm, Otto Ubbelohde, Heinrich Vogeler, Wilhelm M. Busch, Werner Schinko und Albert Schindehütte.
Begleitet wird die Ausstellung von einem qualifizierten Führungsprogramm und einer Reihe von Vorträgen, Lesungen und Konzerten zum Thema. Kurator der Ausstellung ist Prof. Bernd Küster.

Ausstellung: 2. Februar bis 28. August 2013

Vereinigung Willingshäuser Malerstübchen

Mittwoch, 30. Januar 2013

RoleModels auf der Burg Beeskow

Gabriela Möller zeigt bei ihrer Einführungsrede
den magazinähnlichen Katalog zur Ausstellung.
Im Hintergrund Hans Aichinger, „Sitzender“,
Öl auf Hartfaserplatte, 1983-1996
Nachdem die Ausstellung „RoleModels! Die Frau in der DDR in Selbst- und Fremdbildern. Malerei und Grafik aus dem Kunstarchiv Beeskow“ ein knappes Vierteljahr in der Galerie der Kunststiftung Poll in Berlin gezeigt wurde, fand am Sonnabend, dem 26. Januar, mit rund 50 Gästen ihre Eröffnung in der Burg Beeskow statt. Die Kunstwissenschaftlerin Gabriela Möller, die in Beeskow schon von 2009 bis 2012 am Kunstarchiv Beeskow an dem Projekt „Bildatlas der DDR-Kunst“ mitgearbeitet hatte, hielt die Einführungsrede. Von ihr stammt im Katalog, der mit seinem Titel und seinem Format absichtlich an ein modernes Magazin erinnern soll, ein Beitrag über „New Role Models“. Warum eine Ausstellung zur DDR-Kunst einen englischen Titel trägt, begründete sie so: „Das kommt aus der Pop-Kultur, klingt peppig, poppig, und da steckt auch der Begriff Modell drin. Es geht um medial beziehungsweise öffentlich verbreitete Vorstellungen von der gesellschaftlichen Rolle der Frau, und wir wollen die Wirklichkeit der Bilder, die uns überall begegnen, überprüfen.“
Gabriela Möller appellierte, die Bilder der Ausstellung im Kontext ihrer Entstehungszeit zu betrachten. Sie sind ausgewählt nach den Gesichtspunkten Weiblichkeit, Arbeit und Mythologie, und es ist auch der „männliche Blick“ einbezogen, zumal der Anteil an Kunstwerken von Frauen im Beeskower Kunstarchiv nur zehn Prozent betrage.
Die Ausstellung bietet ein sehr buntes Bild, nicht nur, was die künstlerische Gestaltung, sondern auch die Inhalte betrifft. Künstlerisch schwache Werke, bei denen der dekorative Aspekt im Vordergrund steht, hängen neben sehr ausdrucks- und aussagestarken Werken von Künstlern, die sich auch gesamtdeutsch einen Namen gemacht haben. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass, wie Gabriela Möller erläuterte, der Begriff „Auftragswerk“ nur ein Korsett sei. Nicht jedes Bild des Archivs ist mit dem Auftrag entstanden, schmückend einer ideologischen Aussage zu dienen. Viele Bilder seien nachträglich als Auftragswerke deklariert worden oder auch im Selbstauftrag geschaffen worden.
So bleibt es in der Ausstellung nicht bei der heiteren Unverbindlichkeit eines Womacka, „sondern gerade die jungen Künstler der letzten Dekade der DDR versuchten eine neue Sicht“, so die Kunstwissenschaftlerin. Diese neue Sicht, erklärt sie weiter, trete „umso mehr auf, wie die DDR zu Ende geht, und wird häufig mit den Mitteln der Mythologie ausgedrückt“. Sie zeigt die Frau stark und aufbegehrend, heutig.
(Elke Lang)

Ausstellung: 1. April bis 20. Mai 2013

è Burg Beeskow
Archiv, Lese- und Medienzentrum des Landeskreises Oder-Spree
Frankfurter Straße 23, 15848 Beeskow
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Sonntag, 27. Januar 2013

WasserFalten

Leporello-Objekte

Buchbinder haben zunächst die Aufgabe, einzelne Blätter in eine handliche und kompakte Form zu bringen. Doch die Meister ihres Faches haben einen viel höheren Anspruch: Sie streben danach, durch ihre Arbeit die Besonderheit ihres Auftragswerkes nach Außen sichtbar zu machen. Eine besonders innovative Gemeinschaft von Kunsthandbuchbindern ist die Schweizer "Kreativgruppe "Buch und Form". Auf Einladung des Hafenmuseums, Bremen zeigten drei Mitglieder der Gruppe und ihre Bremer Kollegin Lore Hübotter, dass sie auf Wunsch sogar Wasser falten können.
Für die aktuelle Ausstellung haben sich drei renommierte Kunsthandbuchbinder aus der Schweiz und ihre Bremer Kollegin Lore Hübotter mit Phantasie, Originalität und bewundernswerter Kunstfertigkeit der Aufgabe angenommen, das unfassbare Element auf ästhetische Weise greifbar zu machen. Ihre Resultate sind ganz unterschiedliche Liebeserklärungen an das Buch.
Als formale Klammer hatten sich die Buchkünstler für das Leporello entschieden: Das traditionelle Faltbuch, das sich, wie es heißt, der gleichnamige Diener des Frauenhelden Don Juan ausgedacht habe, um die schier endlose Liste der Eroberungen seines Dienstherren zu katalogisieren. Für ihr gemeinsames Thema haben die vier Buchhandbinder ganz verschiedene Ausdrucksformen gefunden. Da werden weiche Wellen durch eine ebenso flexible wir robuste Struktur aus Papierstreifen simuliert, eine holzschnittartige Oberfläche assoziiert die undurchdringliche Tiefe des Meeresgrundes, Licht wird in transparenten, flexiblen Kunststofffolien eingefangen, das Spiel der Farben auf dem Wasser durch Digitaldrucke wiedergegeben. Manche der Objekte der Ausstellung sind Bücher im klassischen Sinne – sie geben sich als edle kleine Gedichtbände zu erkennen, als Alben, in denen Schätze wie Briefe oder Fotografien gehütet werden könnten, Kladden aus feinem Bütten, die auf Skizzen oder Tagebucheintragungen warten. Bei anderen ist die Funktion zweitrangig – sie könnten als selbstbewusste Kunstwerke für sich stehen.
Edwin Heim und seinen Kollegen geht es in ihren spektakulären Arbeiten auch darum, Aufmerksamkeit zu schaffen für die wichtige Arbeit der Buchbinder: "Denn ohne uns gäbe es keine Literatur", sagt der vielfach ausgezeichnete "Meister der Einbandkunst". Um die Zukunft des Buches mache er sich zwar keine Sorgen. Auch wenn manche Gattungen – wie Nachschlagewerke – mit der Schnelligkeit und Informationsfülle des Internets nicht konkurrieren könnten, steige die Gesamtzahl der Publikationen weiterhin. Doch in den meisten Fällen seien die Titel nicht darauf angelegt, gehütet zu werden, um wie einst Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte zu überdauern: Dann tut es auch optische Uniformität. "Das ist eigentlich schade, denn unsere Arbeit wird als erstes wahrgenommen, wenn man eine Buchhandlung betritt", bedauert der Fachmann. Dennoch fürchtet er nicht um die Zukunft seines Berufsstands: "In einem schönen Bildband oder einer Gedichtsammlung zu blättern, das Papier zu fühlen und zu riechen, ist ein Genuss, der viele Sinne anspricht.", sagt Edwin Heim. " So etwas können die neuen Medien eben nicht."
 
Ausstellung: noch bis 5. Mai 2013
 

Samstag, 26. Januar 2013

Bestände der Bayerischen Armeebibliothek online

Die Bestände der den Teilnehmern unseres letzten Jahrestreffen bekannten Bayerischen Armeebibliothek werden seit etwa zwei Jahren sukzessive in den Bayerischen Bibliotheksverbund eingespeist. Derzeit sind bereits über 25.000 Bände verzeichnet. Wie Herr Dr. Schönauer mitteilte, kann seit kurzem über die Internetadresse der Bibliothek in den Beständen recherchiert werden, klick hier.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Es war wie ein Glas zwischen uns

 
Im Kleinen Säulensaal der Zentral- und Landesbibliothek Berlin stellte Klaus Bellin vor gut 60 Mitgliedern der Regionalgruppe Berlin/Brandenburg und Gästen sein bereits 2010 erschienenes Buch über Mary und Kurt Tucholsky vor, zu welchem Carsten Wurm in den MARGINALIEN, Heft 198 eine Rezension verfasst hatte.
 
Kurt Tucholsky hatte viele Frauen. Für Mary Gerold gab es nur einen Mann: ihn. Ihre Beziehung begann mitten im Ersten Weltkrieg, und sie ist reich an Enttäuschungen, Verstörungen, Krisen. Sie war beides und manchmal beides zur selben Zeit:
Liebesgeschichte und Tragödie, ein Auf und Ab aus Glück und Enttäuschung, Entfremdung, Sehnsucht und Trennung. Er, unstet, widersprüchlich, oft depressiv, ging immer wieder eigene Wege, und erst zuletzt, als der Wille zum Leben erloschen war, sprach er aus, was er im Grunde schon lange wusste: Er hat nur einmal wirklich geliebt – sie, Mary, die 1924 seine zweite Frau geworden war.
Seit 1928 lebten beide getrennt, sie in Berlin, er in Schweden. Die Gefährtinnen seiner späten Jahre waren Gertrude Meyer und Hedwig Müller. Aber zu seiner Alleinerbin bestimmte er Mary. Sie hat nach Kriegsende ganz allein und mit beeindruckender Energie aus dem Nichts das Tucholsky-Archiv in Rottach-Egern aufgebaut und sich mit Hingabe für die literarische Hinterlassenschaft Kurt Tucholskys eingesetzt. Sein Nachruhm war ihr Werk.
(Klappentext: verlag für berlin-brandenburg)

Mittwoch, 23. Januar 2013

Vom Regalblei zur Auktions-Trophäe

 
Herr Klaus Möller, Mitarbeiter im Fontane-Archiv Potsdam, referierte am heutigen Abend in der Villa Oppenheim vor den Mitgliedern des Berliner Bibliophilen Abend über „Irrungen, Wirrungen“ von Fontane als Objekt für Bibliographen und Sammler. Interessant waren die Ausführungen zur Editionsgeschichte verschiedener Romane Fontanes und die detaillierten Angaben zu den verwirrend gehandhabten Bezeichnung von Erstausgaben, -auflagen oder Auflagenhöhe oder auch den bewusst falsch angegebenen Jahreszahlen der Ausgaben, so verwirrend, dass selbst bei einem durchaus renomierten Auktionshaus falsche Preisvorstellungen, z.B. bei der äußerst seltenen im Verlagshaus Heinrich Matz, Königsberg erschienenen Ausgabe der „Irrungen, Wirrungen“, auftauchten.
Wie immer gab es nicht nur Interessantes zu hören, sondern neben Titelreprints zu allen vorgestellten Büchern auch einige seltene Fontane-Ausgaben zu bewundern, die den Teilnehmern das langjährige BBA-Mitglied Herr Professor Holzhausen zur Verfügung gestellt hat.

Montag, 21. Januar 2013

Verboten und verfälscht. Heinrich Zille im Nationalsozialismus

So bekannt die Bilder des beliebten Berliner Zeichners Heinrich Zille (1858–1929) sind, so unbekannt sind manche Kapitel seiner Rezeptionsgeschichte. Nur wenige wussten bislang, dass der Künstler im „Dritten Reich“ zuerst als „sozialistischer Volksschädling“ diffamiert und dann zu einem antisemitischen Vorarbeiter des Nationalsozialismus verfälscht wurde. Was mit den Bildern, Büchern und Denkmälern Zilles genau geschah, blieb bis heute unerforscht. Um so spektakulärer ist dieses Buch: Neue Archivfunde unseres Mitglieds Pay Matthis Karstens bringen Licht in das Dunkel dieses Rezeptionsgeflechts und zeigen auch, dass sich Verbote und Vereinnahmungen sogar häufig überschnitten.

Pay Matthis Karstens
Verboten und verfälscht. Heinrich Zille im Nationalsozialismus
Vergangenheitsverlag 2013
160 S., Klappenbroschur, 20 Abb.
ISBN: 978-3-86408-134-7
 
Buchpräsentation: 30. Januar um 19 Uhr

Villa Oppenheim
Schloßstraße 55
14059 Berlin

Änderung im Vorstand der Pirckheimer-Gesellschaft

Der Vorstand teilt mit, daß Prof. Dr. Peter Arlt mit Wirkung vom 16. Januar 2013 auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand ausgeschieden ist. Der Vorstand hat in einem Schreiben Prof. Arlt für seine mehrjährige Mitarbeit gedankt und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Gesellschaft weiterhin mit dem Rat und der Tat des Mitglieds rechnen darf. Auch der Vorsitzende ... hat seinen Rücktritt angekündigt und wird nur noch bis zur Mitgliederversammlung am 7. Juni tätig sein. Das wird von den Mitgliedern des Vorstands zutiefst bedauert. ... hat sich seit über zwölf Jahren um die Pirckheimer-Gesellschaft mit großem persönlichem Einsatz verdient gemacht. Der Vorstand hofft, daß sich bis zu der im Juni stattfinden Mitgliederversammlung zwei engagierte Mitglieder zur Mitarbeit im Vorstand bereit erklären.

Freitag, 18. Januar 2013

Jason Thompson: Kunst aus Büchern

28 Projekte für spielerisches Recycling. Bern: Haupt Verlag, 2012. 152 S., farb. Abb. Br. 21,5 × 25,5 cm. 24,90 Euro. ISBN 978-3-258-60052-9.

Vorauszuschicken ist, daß die Rezension vermutlich günstiger ausgefallen wäre, hieße das Buch »Hübsche Dinge, aus Büchern gebastelt«, denn Kunst entsteht in den vorgestellten »28 Projekten« eigentlich nicht. Das Buch stellt zwar auch Arbeiten bekannter oder auch unbekannterer Buchkünstler vor, ist jedoch in erster Linie gedacht als Anregung oder Anleitung für den Laien, also eben den Nicht-Künstler, aus dem Rohmaterial Buch Gebrauchsgegenstände oder schön anzusehende Spielereien herzustellen. Folgerichtig grenzt der Untertitel das Thema des Buches auch auf »spielerisches Recycling« ein. Und wenn im Vorwort richtig gesagt wird: »Bücher sind Artefakte des menschlichen Geistes und Schaffens«, so wird hier eben das wertlos gewordene Buch, oder häufig auch nur das bedruckte Papier, als Abfall verwertet, oder konkret gesagt, man findet eine Anleitung, das Buch sinnvoll zu zerstören.
Die Gestaltung des Buches ist hoch zu loben ...
(ad)
 
weiterlesen in MARGINALIEN Heft 1/2013

Montag, 14. Januar 2013

Wilfried M. Bonsack (7.3.1951 - 15.12.2012)

Foto: © Hinrich Peters
Ich lernte Wilfried 1990 kennen, nachdem die Mauer fiel und er bei der Neuen Gesellschaft für Literatur auftauchte. Auf eigener Faust stellte er eine Anthologie zusammen mit Berliner Autoren aus Ost und West; der Titel war absichtlich so gedruckt, sagte er, daß man ihn als „Zug in der Luft“ aber auch als „Luftzug“ lesen konnte. Ein frischer Wind kann sich anfühlen, wie an die Luft gesetzt zu werden. Wie voll war Wilfrieds Wohnung bei der Premiere dieser Anthologie! Wie viele Autoren lasen ihre Texte daraus, 30? Wie schwer fiel es ihnen, angesichts ihrer Zahl sich jeweils kurz zu fassen.
Ich erinnere mich an den Band von Celan-Gedichten, „Atem“ der Titel, den Wilfried – wieder auf eigene Faust – schon zu DDR-Zeiten zusammengestellt hatte. Celan war nicht gerade ein von der Staatsmacht gern gesehener Autor. Ob Wilfried damit seine Arbeitsstelle beim offiziellen Verlag riskiert hat, weiß ich nicht.

Der Büchernarr gründete seinen Bonsai-TypArt Verlag und machte bibliophile Bücher in kleiner Auflage. Enge Kollaboration zwischen Autor und Verleger -- das klassische literarische Leben, wie es im Buche steht, aber heutzutage selten anderswo. Im Westen war die Problemkonstellation eine andere, nämlich die Frage von Finanzierung, von davon-nicht-leben-können und zu guter Letzt von steuerlicher Erlaubnis. Wilfried sagte mir vor ein paar Jahre, das Finanzamt habe Beamten geschickt, um seine „Druckmaschinen“ zu konfiszieren. Er hatte aber keine, nur einen Computer-Drucker. So machte man seinen Verlag kaputt, weil er kein „Geschäft“ betreiben durfte, ohne Steuer zu zahlen. Aber hat der Verlag je mehr abgeworfen, als er verschluckte? Wilfried war eben kein Geschäftsmann, sondern leidenschaftlicher Literat.

Wilfrieds Wohnung war, wie eine Bekannte vor etwa zehn Tage es formulierte, ein Gesamtkunstwerk. Wer Bücher liebt war geliefert. Manch ein Band lockte, weil er ein Exemplar Buchkunst war; manch einer mit seinem Thema. Dazu die großartige originale Kunst, einschließlich 2 Porträts von Wilfried, an den Wänden, in Petersburger Hängung, d.h. mit kaum einem Fingerbreit zwischen den Bilderrahmen. Jedenfalls an den Wänden, die nicht schon von Bücherregalen besetzt waren.

Und trotzdem sah man von den Bildern und den Büchern weg bei dem Jour Fixe. Jahrzehnte lang, in DDR-Zeiten und nach der Wiedervereinigung meist monatlich und auch noch bis zuletzt mehrmals im Jahr ein höchst stimulierender Vortrag, jeweils von jemandem, der sein Thema wirklich beherrschte, weil es ihm Herzenssache war. Und was für eine Bandbreite an Themen! Stimulierend war auch immer die anschließende Diskussion. Eigentlich konnte man sich über die Jahre das Äquivalent einer Uni-Ausbildung in Kulturwissenschaften, Literaturwissenschaft und Geschichte aneignen, alleine beim Jour Fixe. Dabei bewegte sich die Diskussion viel weiter und freier als an einer Uni, weil niemand um eine Note bangte. Und jede Sitzung war wie eine Fete – man sprach mit Freunden und Bekannten und lernte neue Leute und ihre Ideen kennen. Ich persönlich weiß nicht, was in dieser Stadt diesen Jour Fixe ersetzen könnte.

Und Wilfried selber war stimulierend, im Gespräch über alle möglichen Themen, denn er liebte es, auf neue Gedanken zu kommen und alte neu zu kombinieren. Ob es um Geschichte, Philosophie, vergleichende Religion, fremde Kulturen, Kunst, Literatur, Büchermachen oder Typographie ging. Ideenreichtum – aber mit Humor und Witz, ohne intellektuelle Arroganz. Wilfried wollte immer SPASS mit Ideen haben, und er war an den Ideen anderer interessiert. Er war kritisch, und wenn er meinte, jemand verhalte sich unethisch oder schäbig, könnte er mit dem hart ins Gericht gehen. Aber er hatte Mitgefühl, das nicht erst „eingeschaltet“ werden musste und von dem es ihm nie einfiel, es abzustellen. Nie sollte irgendjemand gekränkt oder verletzt werden. Er hatte nicht nur einen offenen Geist, sondern auch ein offenes Herz. Wenn man bei ihm unten an der Haustür klingelte, musste man nicht noch einmal an der Wohnungstür klingeln, auch nicht wenn die Bude voll war. Wilfried stand schon mit einem freudigen Lächeln in der offenen Tür.

Wir werden ihn vermissen.

(Mitch Cohen)

Samstag, 12. Januar 2013

Offizin Andersen Nexö stellt Insolvenzantrag

(Firmenmotto von Wilhelm Drugulin)
Für die 1746 gegründete und in der DDR größte Druckwerkstätte, die Offizin Andersen Nexö, sowie ihre Tochtergesellschaften Messedruck Leipzig und die Leipziger Kunst- und Verlagsbuchbinderei wurden beim Amtsgericht Leipzig Insolvenzanträge gestellt. Die Unternehmen sollen über einen Insolvenzplan in Eigenverwaltung saniert werden.
Während der Sanierung soll der Geschäftsbetrieb uneingeschränkt weiterlaufen. Nicht betroffen von dem Insolvenzanträgen sei die OAN-Tochtergesellschaft Sachsendruck Plauen.
Als Grund wird "Zahlungsunfähigkeit und verschiedene Ereignisse, die zu Umsatzverlusten und veränderten Zahlungsmodalitäten geführt haben" geannt.
Von den rund 600 Arbeitsplätzen der Unternehmensgruppe soll der überwiegende Teil erhalten bleiben. Der OAN-Geschäftsführer Stepahn Treuleben versichert: "Der Insolvenzantrag ist nicht das Ende dieser Unternehmen". Die Bezahlung der Mitarbeiter der insolventen Gesellschaften ist über das Insolvenzgeld weiterhin gesichert.
Die Messedruck Leipzig GmbH stellt Akzidenzien, Magazine und Periodika, Fach- und Kundenzeitschriften sowie Bücher und Broschüren her. Der Umsatz beläuft sich auf knapp 8 Millionen Euro, knapp 60 Arbeitnehmer sind hier beschäftigt. Die Leipziger Kunst- und Verlagsbuchbinderei konzentriert sich auf die Weiterverarbeitung von Festeinbänden und Kalendern, Broschüren, Industrie- und Versandkatalogen sowie Flex Covern. Das Unternehmen erzielte mit knapp 60 Arbeitnehmern einen Umsatz von 5,6 Millionen Euro.

Donnerstag, 10. Januar 2013

4. Zwischenahner Büchertage 2013

Bücher aus fünf Jahrhunderten

Büchertage 2012, Foto © Weiß, Sonntagszeitung Ammerland
Am ersten Februarwochenende finden wieder die Zwischenahner Büchertage im Wintergarten und Lesesaal der Wandelhalle in Bad Zwischenahn statt. Inzwischen sind diese Büchertage als festes Kulturevent über die Grenzen hinaus bekannt und bereichern gleichzeitig das bereits bestehende Kulturangebot der Region durch einen weiteren Farbtupfer.
Ob Raritäten, Sammlerstücke, Klassiker oder Neuerscheinungen, das Angebot ist groß, reichhaltig und bietet ein breites Spektrum der Literatur. Denn das Lesen in einem Buch ist immer noch spannender als die im Internet angebotenen Informationen. Sich zum Lesen inspirieren zu lassen und dabei die Liebe zum Buch neu zu entdecken, ist Ziel der austellenden Antiquariate. Diese kommen nicht nur aus dem Nordwesten sondern auch aus Münster und umzu.
Erweitert werden diese Tage durch Antiquariate, die sich spezialisiert haben auf wirklich „alte“ Bücher, ob Klassiker, Fachbücher oder Regionalliteratur. Literaturbegeisterte können sich daher auf „alten“ Lesestoff freuen und werden dabei sicherlich „alte Freunde“ wiedertreffen.
Weiterhin ist es uns gelungen zu diesem Event auch eine Sammlerin von Vorsatzpapieren – die Verbindung zwischen Buchdeckel und Buchblock - zu gewinnen. Sie zeigt uns ihre Schätze vergessener Handwerkskunst, eines schöner als das andere und etliche über 300 Jahre alt.
(Matten/Holtmann)

1. bis 3. Februar 2012

Freitag, 4. Januar 2013

von Altenbourg bis Zettl

Grafische Mappenwerke und Einzeldrucke in der Weimarer Galerie Hebecker

Wer Kunst aus der DDR präsentieren will und dabei kaum Grafik zeigt, bedarf einer Ergänzung. Somit tritt der großen Ausstellung im Neuen Museum Weimar die neue Präsentation der Galerie Hebecker an die Seite. An ihren Grafiken spürten die Künstler die Reaktionen auf ihre oft kritischen Botschaften. Und dank erschwinglicher Preise trug Grafik zur demokratischen Kunstverteilung bei.
Immerhin 155 Grafikmappen wirkten zur differenzierten Kunstentwicklung mit – im Auftrag von Parteien und Massenorganisationen, vom Kulturfonds der DDR, Staatlichen Kunsthandel, Verband bildender Künstler oder Ateliergemeinschaften wie in Erfurt, von der die Jahresgabe „Schatten“-Blätter zu sehen ist.
Von „Altenbourg bis Zettl“ ist die Ausstellung kühn überschrieben, von A bis Z, alles umfassend. Aber mit 37 Künstlern und ihren Werken der 1940er-Jahre bis 1989 umspannt sie einen pluralen künstlerischen Spielraum, weilt bei Altenbourg in den lyrisch unbestimmten Wildnissen der Psyche, weist bei Zettl ins Metall geritzte glasklare Analyse vor.
Jeder war bestrebt, einzigartig zu sein. Dabei suchten sie oft bei Dichtern, wie Arendt, Bobrowski, Böll, Brecht, Bulgakow, Dostojewski oder den Manns, „Tangenten“. Mit der gediegenen Ausbildung erwarben die Künstler ein profundes Können. Grafische Werke europäischer Spitzenklasse werden zu Grundmodellen von Arbeit und Solidarität, Glück und Leid und anderen präsentiert, die Sisyphos-Holzschnitte Wolfgang Mattheuers, das sterbende Pferd Fritz Cremers oder Hans Theo Richters Mutter mit Kind, deren Zuneigung zueinander er poetisch zart erfasst. Die deutsche Schuld an den Verbrechen in Lidice klagt schon 1948 Horst Strempel in einer kaum bekannten, aber großartigen Radierung an.
 
Heinz Plank, Aus dem Leben des Galilai, © für die Abb.: Galerie Hebecker
Vor allem weist die Präsentation Meister der Kunst Senefelders aus: Lithografien zur Dreigroschenoper von Bernhard Heisig, ein Druckerexemplar an Horst Arloth von Arno Rink, „Am Kreuz“ von Werner Tübke oder ein Liebespaar von Willi Sitte. Als Meister der Asphaltschab-Technik zeigt sich Rolf Münzner, bei dem in subtilster Manier aus geschabten Linien eine Figurenwelt in Erscheinung tritt. In ihrer ästhetischen Souveränität versteckt Ursula Mattheuer-Neustädt Hunderte Motive im Schablitho-Blatt „Phantasie“ und verwandelt die Bildfantasie des Berliners Horst Hussel in dem großen Farbholzschnitt „Der Magier“ Wirklichkeit in Kunst.
 
Wolfgang Mattheuer, aus Sisyphos © für die Abb.: Galerie Hebecker
Der naive Albert Ebert fasziniert in der Mappe „Varieté-Zauber“ mit veränderten Szenen auf dem Umdruck des Bühnenrahmens und teilweise abgeschliffenen Stellen. Mit Mitteln der Übertreibung, Satire und Groteske verweist das sezierende ökologische Blatt „Der falsche Antonius“ von Baldwin Zettl mit christlicher Ikonografie auf jenen von Padua, der vor Fischen predigt, die zu ihm die Köpfe aus dem Wasser hoben, wobei sein Kupferstich von 1989 das Wasser verlandet und mit Müll verschüttet zeigt. Einen Rückblick auf den jungen Heinz Plank und seinen rationalen Weltentwurf bietet die Radierfolge „Aus dem Leben des Galilei“ von 1972 gegen die doktrinäre Erzwingung der Lüge.
„Planks neue Malerei eines oszillierenden Universum“ indes wird derzeit bis zum 19. Januar von den Erfurter Hebeckers gezeigt. Im gesteigerten surrealen Stil malt Plank virtuos wie Genesis und Apokalypse zusammenfallen, der Zwiespalt geboren wird, Elemente entstehen und sterben, die Leere nach der Zeit.
Auf der Suche nach originärer Individualität entwickelten die Künstler handwerkliches Können, um nicht allein mit virtuos kombinierten Techniken zu brillieren, sondern um eine gestalterische Dichte und fantasievolle Zeichenfindung zu erzielen. Vieles wird über Zeit und Leute ausgesagt − und alles verweist zudem auf aktuelle Bedeutungen.
(Peter Arlt in: Thüringer Allgemeine, 3. Januar 2013)
 
Ausstellung: 15. Dezember 2012 bis 16. Februar 2013
 
Galerie Hebecker
Schillerstr. 18
99423 Weimar

Donnerstag, 3. Januar 2013

Neujahrsgruß aus HST

© und Vertrieb: Edition Staeck, Heidelberg
Mit dieser Abbildung eines Plakates von Klaus Staeck sende ich einen Neujahrsgruß und meinen herzlichen Dank an alle Pirckheimer-Mitglieder und Leser dieses Blogs, die sich in die Petition für den Erhalt der alten Stralsunder Ratsbibliothek eingetragen haben, es waren sehr viele!
Gisela Klostermann

BuchDruckKunst

Zur 8. Norddeutschen Handpressenmesse BuchDruckKunst 2013 zeigen 50 per Losentscheid ausgewählte Buchkünstlerinnen und Buchkünstler aus dem In- und Ausland ihre Buchschätze und zeitgenössischen Werke und bieten sie zum Verkauf. Pressendrucke, Künstlerbücher, Mappen-Werke, Buchobjekte, die in ihrer Vielfalt ein buntes Bild von der Lebendigkeit und Kreativität der Szene vermitteln, werden präsentiert. Im Begleitprogramm bekommen die Besucher Einblicke in die Welt des Druckgewerbes, der künstlerischen Drucktechniken, sowie der Buch- und Papierherstellung. Die Mitarbeiter des Museums demonstrieren an historischen Maschinen Buchdruck, Schriftguss, Hand- und Maschinensatz, das Fräsen von Holzbuchstaben und die Anfertigung von Klischees.

19. bis 20. Januar 2013
Eintritt inkl. Ausstellerverzeichnis 10 Euro, erm. 8 Euro, Kombiticket für 2 Tage 15 Euro / erm. 12 Euro

Museum der Arbeit
Hamburg

pf 2013

... ein entscheidungsfreudiges und unterhaltsames Jahr 13 wünschen Julia & Rainer Ehrt